Wie funktionieren Raketentriebwerke und warum sind sie generell deutlich komplexer als moderne Turbofan Triebwerke, die zum Beispiel in Passagierflugzeugen Flugzeugen verwendet werden?
Flugzeugtriebwerke und viele Raketentriebwerke nutzen eine Form von Kerosin. Der Unterschied liegt häufig nur in der Reinheit des Kerosins und Additiven. Doch hier hören die Gemeinsamkeiten bereits auf. Während Flugzeugtriebwerke nur den Treibstoff aus Tanks zugeführt werden müssen und zur Verbrennung den Sauerstoff der Atmosphäre verwenden können, müssen Raketen den zur Verbrennung nötigen Sauerstoff selber mitführen, da sie den Großteil der Zeit im Vakuum des Weltraums funktionieren müssen. Neben Raketentriebwerken, die Kerosin als Treibstoff verwenden, gibt es auch andere Konzepte mit Wasserstoff, Methan oder stickstoffbasierten Treibstoffen. Die Hürden und Schwierigkeiten sind jedoch ähnlich, sodass wir uns hier vorerst nur auf Triebwerke mit Kerosin als Treibstoff beschränken.
Dieser Sauerstoff wird in flüssiger Form mitgeführt. Damit Sauerstoff flüssig wird müssen hohe Drücke und/oder extrem niedrige Temperaturen herrschen. Um Sauerstoff bei 1 bar Druck zu verflüssigen, wird dieser auf ca. -150°C bis -210°C gekühlt. Dies bringt einige Herausforderungen in der Entwicklung und dem Betrieb von Raketentriebwerken mit sich. Beispielsweise muss der Tank und alle Komponenten die längere Zeit mit flüssigem Sauerstoff in Verbindung kommen ausreichend isoliert werden, um ein übermäßiges verdampfen oder Druckaufbau zu verhindern. Das weitaus komplexere Problem zeigt sich jedoch wenn wir den Weg des Sauerstoffs zur Brennkammer des Triebwerks betrachten. Ventile und Rohrverbindungen müssen bei diesen extrem geringen Temperaturen zuverlässig funktionieren und Materialien müssen, je nach Position, die extremen Temperaturdifferenzen des flüssigen Sauerstoff bis hin zur häufig mehrere als tausend Grad Celsius heissen Umgebung innerhalb der Brennkammer und Turbopumpen (ca. 800°C) aushalten.
Fortschritte in der Materialentwicklung ermöglichen hier immer bessere Leistungen. Generell sind die im Raketentriebwerk herrschenden Umgebungen extremer als in Flugzeugtriebwerken. Starke Temperaturschwankungen, Drücke von teils vielen hundert bar und aggressive Gase fordern ein maximum an Resistenz bei konstant hoher mechanischer Festigkeit.
Damit trotz des hohen Drucks innerhalb der Brennkammer eines Raketentriebwerks Treibstoff und Sauerstoff hinein gepumpt werden kann, werden Turbopumpen benötigt, die noch höhere Drücke und höchste Durchflussraten liefern können. Eine Turbopumpe weist parallelen zu klassischen turbojet Triebwerken auf. Eine kleinere Brennkammer verbrennt kontrolliert Treibstoff und produziert dadurch die heissen Gase, die nachfolgend die Verdichter der Turbopumpe anzutreiben. Auch hier herrschen hohe Temperaturen und extreme Drücke. Sauerstoff und Treibstoff benötigen in den meisten Triebwerk-Designs jeweils eine eigene Turbopumpe. Auch hier ist der Temperaturgradient vom extrem kalten flüssigen Sauerstoff bis zur 800-1000°C heißen Brennkammer der Turbopumpe eine Herausforderung.
Ähnlich wie bei Flugzeugtriebwerken sind die Performance Limits bestimmt durch die maximale Temperatur, die verbaute Komponenten konstant aushalten können. Häufig werden hierfür Nickel-basierte Legierung, wie z.B. Inconel und verwandte Arten verwendet.
Dies erfordert dennoch Kompromisse bei der Treibstoff-Sauerstoff-Mischung, um die maximal zulässigen Temperaturen nicht zu überschreiten. Häufig wird ein Sauerstoff/Treibstoff Verhältnis eingestellt, bei dem mehr Treibstoff als nötig zur verfügung gestellt wird, sodass die Temperatur der Verbrennung geringer ausfällt. Die laufende Forschung konzentriert sich darauf, diese Limitierungen zu überwinden und damit die Effizienz der Triebwerke zu verbessern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die meisten Herausforderungen auf die extremen Bedingungen und die Komplexität der Treibstoff- und Sauerstoffzufuhr zurück zu führen sind. Während auch moderne Airliner Triebwerke durch die mit den aktuellen Materialien maximal möglichen Temperaturen limitiert sind, ist dieser Faktor bei Raketentriebwerken nochmals deutlich kritischer und die Kühlung im Vakuum des Weltalls bringt eigene Herausforderungen mit sich. Dazu kommen die um Größenordnungen höheren Drücke und extrem hohen Durchflussraten, die nötig sind um ausreichenden Schub zu erzeugen. General arbeiten diese Triebwerke somit deutlich näher an den Grenzen der Belastbarkeit moderner Materialien und Konstruktionsmethoden. Alles in allem führt dies zu einer potentiell verkürzten Lebensdauer und einer im Vergleich zu Flugzeugtriebwerken deutlich größeren Hürde und Komplexität, um zuverlässig arbeitende Antriebe zu entwickeln.